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Logbuch der SY Seluna

28.09.-1.10.2009: Los geht's: auf nach Menorca!

Letztes Jahr waren wir an einem Vortrag vom jungen Erdmann. Wir haben ihn bewundert, mit welcher Leichtigkeit er humorvoll über all seine Anfängerfehler auf seiner Atlantiküberquerung berichtet hat. Und nun wäre es also an uns…

Das Wetter war schon seit Tagen schön mit kaum Wind. Die Prognosen für die nächsten Tage waren gut. Mistral war nicht zu erwarten. Wir hatten alles so weit vorbereitet - es konnte losgehen! Und so haben wir am Montag die Leinen losgeworfen und sind nach den drei Kringeln für Neptun und dem Dieseltanken bereit für die erste grosse Überfahrt: 230 Seemeilen oder knappe 40 Stunden Fahrt bis Mahon auf Menorca. Das muss doch zu schaffen sein. Ja, klar, wir haben nach dem Tanken festgestellt, dass der vom Elektriker neu installierte Autopilot nicht funktioniert. Aber mit Drei-Stunden-Schichten müsste das schon gehen. Frohen Mutes machten wir uns auf den Weg. Bis Dienstagnachmittag ging auch alles wunderbar. Es kam etwas Wind auf und wir wollten Segel setzen. Just in dem Moment nahm die Motorleistung ab und als wir die Tourenzahl reduzierten, stellte er ganz ab. Das darf doch nicht wahr sein! Aber Seluna ist ja schliesslich ein Segelschiff und der Wind nahm etwas zu, so dass wir segeln konnten. Die Genua war schnell ausgerollt, aber das Rollgross wollte nicht wie wir. Egal. Etwas Arbeit muss ja noch für die nächste Bucht übrig bleiben. Also zurück zum Motor.

Dank Davids Abschiedsgeschenk und dem Buch über Dieselmotoren war die Ursache für das Motorproblem schnell gefunden: dreckiger Diesel. Ein weiteres unerwünschtes Souvenir vom Voreigner. Die neuen Dieselfilter waren schon vollkommen verschlammt. Also haben wir die Filter ausgetauscht, unter dem Bett bei mässiger Kreuzsee - eingeklemmt hinter dem Motor, auf einer Taschenlampe sitzend, mit einer Hand die Pfanne haltend, mit der anderen die Schraube lösend… Warum ich nicht geflucht habe? Weil ich schon dann viel zu müde war. Leo durfte dann den zweiten Filter wechseln. ;-) Das ging alles zusammen nicht halb so schnell, wie wenn wir's an Land gemacht hätten. Aber das Gute daran: Wir lernten unseren Motor kennen. Das Schlechte: Der Motor lief danach noch immer nicht. Ja klar, der Motor konnte keinen Diesel ansaugen, weil der Tank verstopft war. Deshalb schrieb Cornell in seinem Buch, dass man einen Tagestank installieren sollte. Aber das wollten wir doch eigentlich frühestens auf den Kanaren machen - und ganz bestimmt nicht mitten auf dem Meer ohne das notwendige Material… Da half nur eins: Wir banden das Steuer fest (die neue Feststell-Schraube ist nämlich auch kaputt), liessen uns treiben und gönnten uns drei Stunden Schlaf. Gut für die Moral. Gegen Hunger hätte eher vorher vorbereitetes Essen geholfen. Hatten wir aber nicht. Steht zwar in jedem Segelbuch, aber man kann ja nicht alle guten Tipps berücksichtigen. Statt Erdmanns Fertigspaghetti machten wir uns eben ans Müsli und den Zwieback. Wusstet Ihr, dass französischer Zwieback wie Pappkarton schmeckt - auch nachdem Leo sich darauf gekniet hat?

Nach dem Aufwachen der nächste Schreck: Das Leuchtfeuer von Menorca war schon zu sehen! So nah am Land? Nein, das GPS (etwas von den Dingen, das anstandslos funktioniert - danke Ralph!) bestätigt: noch 40 Seemeilen. Also viel Zeit, bevor es uns ans Land spülen könnte. Aber auch viel Zeit, bis wir über UKW-Funk Schlepphilfe anfordern könnten…

unser Tagestankanister
Mit Hilfe von Wasserschläuchen, Schlauchbriden und einem 25-Liter-Kanister entstand ein Übergangs-Tagestank. Im Schlafzimmer… Nicht romantisch, aber an Romantik war ja sowieso nicht zu denken. Den Diesel schöpften wir von Hand aus dem Tank und filterten ihn in den Kanister. Auch das macht bei Seegang nicht wirklich Spass. Dann kam die nächste Lektion im Motorkennenlernen: Der Motor sprang wunderbar an, alles super! Aber warum nur wurde der Tank so schnell leer? Weil eben sehr viel mehr Diesel angesaugt und wieder in den Tank zurückgepumpt wird, als wir dachten! All der schön gefilterte Diesel… Nachdem wir den Rückflussschlauch aber ebenfalls in den Tageskanister umgeleitet haben, geht alles wunderbar! Wir sind stolz wie Oskar auf unser Werk. Natürlich stinkt's gewaltig nach Diesel, den wir überall verteilt haben. Aber der Holzboden hat ja bestimmt gern etwas Öl… Wir setzten wieder Segel - denn nun war Dieselsparen angesagt. Einer schlief im Salon, der andere am Steuer… Zumindest Sekundenschlaf mit dem Steuer in der Hand. So müde war ich in meinem Leben noch nicht. In der nächsten Flaute rollten wir die Genua ein und legten uns beide schlafen.

Grillenbild

Nach einer (!) erholsamen Stunde Schlafs lernte ich unsere Bordgrille kennen. Bis dahin wusste ich gar nicht, dass wir eine hatten… Ich glaubte an irgendeinen Alarm, so unglaublich laut war dieses Zirpen. Aber wir konnten sie so sehr erschrecken, dass sie danach für immerhin zwei Stunden ruhig blieb… Schon etwas besser. Wir hatten schon davon gelesen, dass einem müde Vögel zufliegen, die sich auf dem Schiff ausruhen und dabei ganz still sitzen bleiben. Womit aber haben wir diese Riesen-Grille verdient, die nicht daran dachte, still zu sein?

Und so liefen wir dann am Donnerstag, 1. Oktober, in Mahon ein. Einen Tag später als gedacht, aber sehr glücklich! Wir haben unser erstes Abenteuer, wie wir finden, sehr bravourös überstanden. Mal sehen, was uns unsere jugendlich-naive Art noch so an Erfahrungen beschert.

Was mir dazu gerade noch einfällt: Ein Freund erklärte uns einmal den Unterschied zwischen deutschen und französischen Seglern. Der Deutsche bereitet sein Schiff vor, und wenn alles funktioniert, dann segelt er los. Der Franzose hingegen segelt los und kümmert sich unterwegs um die Dinge, die nicht funktionieren. Wir haben Seluna in Frankreich gekauft…

Letzte Änderung am 13 07 2012 durch Gesina und Leo. Feedback/Kontakt