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Logbuch der SY Seluna

15. November 2009: Almería - Cádiz

Grosse Pläne…

… hatten wir. Wir wollten direkt von Almería nach Lanzarote segeln. Nur Otto wollte nicht. Aber dazu später. Almería hat uns gut getan. Und wir haben auf der Yapa Freunde gefunden, die wir nach ein paar Tagen auch schon wieder verabschieden mussten. Sie werden einen anderen Weg einschlagen – dennoch hoffen wir sehr, sie irgendwann irgendwo wiederzusehen.

Bild vom Fischmarkt Adra

Ausgeruht und voller Tatendrang haben wir am Montag, 9. November, im Club de Mar abgelegt. Kurs auf Gibraltar. Das Wetter schien gut für eine Überfahrt bis zu den Kanaren, aber wir mussten uns schon etwas beeilen. Dann, mitten in der Nacht, wollte Otto, unser Autopilot, nicht mehr. Schon wieder von Hand steuern! Der nächste Hafen in der richtigen Richtung und mit akzeptablem Preis war jener von Adra, kurz vor Málaga, 30 sm oder etwa 6 Stunden entfernt. Doch der direkte Weg führte uns durch eine üble Kreuzsee – wir hätten in Almería wohl besser noch einen Tag abwarten sollen, damit sich das Meer beruhigen kann. Nun gut, wir kamen kurz vor Sonnenaufgang in Adra an und wurden äusserst freundlich empfangen. Es ist ein ruhiger und sauberer Hafen, mal abgesehen von den unzähligen Möwen, die die Stege besiedeln und -sudeln, keine Sehenswürdigkeit weit und breit, ausser vielleicht dem Fischmarkt, in dem Fisch kistenweise versteigert wurde. Auf einer grossen Tafel wird angezeigt, von welchem Fischerboot welcher Fisch angeboten wird. Dann wird der Preis heruntergezählt bis ein Käufer bietet. Das alles geht in einem rechten Tempo voran. Ein grosses Palaver, das Geklingle von all den Mitbietern – es erinnert an einen Spielsalon. Und überall Fisch und Meerestiere, kleine Gambas und Tintenfische, Thunfische und auch Haie. Und dazwischen irgendwo ein Bettler, der die Fische vom Boden aufliest, die heruntergefallen sind.

Bild von Ottos Motor

Wir reparierten unseren Autopiloten – das Problem war ein durchgeschliffenes Kabel im Motorgehäuse. Dann, als wir am Mittwoch ablegen wollten, sprang der Motor nicht an. Auch das noch. Es rächt sich, wenn man solche Probleme nicht gleich gründlich angeht. Wir wussten, dass es ein Problem mit der Motorelektrik gibt und dachten, es wäre ein Wackelkontakt, um den wir uns dann auf den Kanaren kümmern wollten. Nun, es war mehr als das: ein Kabel hat sich (wir es?) ganz losgerissen. Leo hat es gefunden, obwohl es bei all den losen Kabelenden und chaotischen Verbindungen überhaupt nicht offensichtlich ist, was wohin gehört. David weiss bestimmt, wovon wir reden. Ein Projekt für sich: unsere Motorelektrik. Und so kamen wir am Mittwoch etwas später los als gedacht. Aber noch immer rechtzeitig, um in Gibraltar die richtigen Gezeitenströme zu erwischen.

Gibraltar

Ich weiss nicht, ob ich es richtig in Worte zu fassen vermag, was wir in Gibraltar erlebt haben. Man müsste Dichter und Poet sein. Oder Maler… Wir näherten uns der Strasse von Gibraltar nach Sonnenuntergang. Überall sahen wir die grossen Frachter an uns vorbeiziehen. Dann erblickten wir den Affenfelsen, wie er gross und steil hinaufragt. Seine Ostflanke wurde angestrahlt von den Lichtern der Stadt. Beeindruckend diese Szenerie! Vor uns im Meer tauchten immer mehr Lampen auf, weisse, grüne, rote und gelbe – es war ein grosses Feld von vielleicht 10 oder 12 Frachtern, die dort darauf warteten, Einlass nach Gibraltar zu bekommen. Sie waren nicht vor Anker, sondern einfach in Warteposition, was es unglaublich schwer machte, zu bestimmen, wer sich wie schnell wohin bewegt. Wir versuchten mit dem Feldstecher die einzelnen Schiffe auszumachen, warfen immer wieder einen Blick auf den Radar und das GPS. Es war eine Leichtigkeit, hellwach zu bleiben bei so viel Verkehr. Und wie um uns zu beruhigen, tauchten Delfine auf. Sie spielten mit Selunas Wellen über eine Stunde lang. In der Dunkelheit sahen wir nicht ihre Körper, sondern sahen das Plankton, das rings um sie aufleuchtete und helle Spuren in das Meer zeichnete. Die Strasse selbst erlebten wir in völliger Stille. Spiegelglatt war das Meer. Afrika so nah. Und dann, auf einmal, tauchten sie vor uns auf. Wie auf einer Schnur aufgereiht sahen wir weisse Lichter von Tarifa über die ganze Strasse von Gibraltar bis hinaus auf den atlantischen Ozean. Es war ein zauberhaftes Bild! Es waren dies die Fischer von Tarifa, die mit der Gezeitenströmung aufs Meer hinausfuhren. Die Strömung packte auch uns und spülte uns auf den Atlantik. Es dämmerte. Ich sass im Cockpit und schaute auf die Strasse von Gibraltar. Wie nah sich doch Europa und Afrika hier kommen! Langsam färbte sich der Himmel rötlich. Dieses helle Rot, das den Sonnenaufgang ankündigt. Darüber gelbe und blaue Töne. Die Strasse selbst war dunstig und etwas grau. Und dann ging die Sonne auf – in der Mitte zwischen den Kontinenten. Ich sass da und konnte mich nicht satt sehen. Ich habe noch nicht einmal daran gedacht, ein Foto zu machen. Aber es hätte auch nie das wiedergeben können, was ich gesehen und gefühlt habe. Ein neuer Tag brach an und wir waren auf dem Atlantik angekommen.

Cádiz

Bild von Cadiz

Durch unseren Zwischenstopp in Adra haben wir das Wetterfenster verpasst und es hatte keinen Sinn mehr, die Kanaren direkt anzusteuern. Wir müssen wieder für ein paar Tage einen Zwischenhalt einlegen. Uns schien Cádiz ein geeigneter Ort dafür zu sein. Die Stadt hat vieles zu bieten. Wir besuchten gestern den Jardín Genovés, ein prächtiger Stadtgarten mit verschiedensten Bäumen aus aller Welt, mit zurechtgestutzten Hecken in Zylinder- und Spiralform, mit nestbauenden Papageien hoch oben in den Palmen und einer Steingrotte mit mehreren Wasserfällen. Die neue Kathedrale hingegen schien uns eher aus der Ferne sehenswert. Von Nahem sah man, wie sehr sie zerfällt. An ein paar Stellen wurden neue Fassaden auf die alten, bröckelnden Steine gepflastert, viele Fenster waren zugemauert und unter den Kuppeln wurde Netze gespannt, um die fallenden Steinverzierungen aufzufangen. Schade um dieses eindrückliche Bauwerk! Zum Einkaufen geht man in den provisorischen Markt, da der neue Markt noch nicht in Betrieb ist (obwohl er eigentlich fertig und sehr modern aussieht) und der alte wohl schon geschlossen wurde. Die Altstadt mit all ihren Gässchen, den vielen blumengeschmückten Balkonen, auf manchen waren auch kleine Käfige, in denen Vögel sangen, und dann wieder kamen grössere Plätze mit alten Baumbeständen, und mit Denkmälern, wie jenes grosse, dass an die Verfassung von 1812 erinnert mit dem Schriftstück auf einem hohen Sockel und gleich darunter die Justizia, umgeben von Abbildungen der Ratsverhandlungen und des glücklichen Volkes. Überall sieht man in Hauseingänge, die bunt gekachelt sind. Und die kleinen Tapas-Lokale und Confiterías locken mit ihren Angeboten. Die Altstadt von Cádiz ist wirklich sehenswert. Wir werden bis Dienstag oder Mittwoch bleiben.