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Logbuch der SY Seluna

12. April-21. Mai 2010: St. Martin / Sint Maarten

Stell Dir eine Insel vor mit einer ziemlich dreckigen Lagune, in der das Wasser abgestanden stinkt und in der auch mal eine totgeschossne Ziege schwimmt – was wahrscheinlich nur die aasfressenden Krabben freut. Stell Dir vor, an eben dieser Lagune gibt es einen Ort mit einer Schule, in der die schwangere Lehrerin von einem ihrer Schüler tätlich angegriffen wird – weshalb die Lehrer in Streik gehen. Und die Post nachmittags geschlossen ist, weil einige Postangestellte freigestellt wurden, nachdem sie einen Kunden attackiert haben.
Krabbenbild
Stell Dir vor, neben der netten Marina am Ende der Lagune werden täglich Autoscheiben eingeschlagen und es lungern einige Obdachlose vor dem billigsten Schnapsladen. Am Dinghysteg kommt es alle paar Tage zu Diebstählen und auch zu Überfällen auf Yachties, die mit ihren Computern ins Internetcafé wollen. Und stell Dir vor, auch der Rest der Insel ist nicht gerade sehenswert. Der Unterschied zwischen Arm und Reich ist unübersehbar. Die riesen Villa auf einem Hügel umgeben von einem Park so gross wie ein ganzer Golfplatz gehört – natürlich – dem Gouverneur. Nur 15 Minuten zu Fuss davon entfernt ärmliche Hütten inmitten von Abfällen. Die Menschen hier scheinen es vergessen zu haben, dass in den Tropen so viele Früchte und Gemüse wunderbar gedeihen. Vielleicht liegt es auch am Boden. Jedenfalls wird alles von Florida schön gekühlt importiert. Kein Vergleich zu den super leckeren Grapefruits von Dominica! Und so schön das Gemüse ja auch aussieht, nach spätestens zwei Tagen ist es faul. Es gibt auf der ganzen Insel nur gerade eine einzige Farm – jene der Rasta Fari Organisation. Wir haben sie besucht und eingekauft, was der Garten gerade hergab. Eine junge Österreicherin hat uns dort herumgeführt und uns die Pflanzen gezeigt. Wirklich sehr sympathisch. Nun, es ist wahrlich nicht leicht, sich auf dieser Insel rundum wohlzufühlen. Vielleicht noch eher, wenn man die Grenze auf die holländische Seite überschreitet. Dafür ist dort das Wasser noch viel dreckiger…
Profurl-Bild
Das also ist St. Martin / Sint Maarten. Und hier waren wir ganze fünf Wochen. Warum?!? Die beiden grössten Marineläden der Antillen haben hier ihre Hauptniederlassung. Das Angebot ist wirklich unglaublich, die Preise meist akzeptabel bis günstig. Hier haben wir – wie viele andere Segler auch – unser Schiff auf Vordermann gebracht. Im Zentrum stand die Anschaffung und Montage – besser: das Montierenlassen – einer neuen Rollreffanlage. Ein Rigger in Sint Maarten wurde uns empfohlen, doch wirklich glücklich wurden wir nicht mit ihm. Wir sind nach der Offerteinholung fast täglich bei ihm vorbeigefahren, nur damit wir endlich mal einen Termin für die Montage bekommen. Irgendwann flogen die Europäer auch wieder und die Teile waren da, da kam der Gipfel: Der Chef meinte doch, wir sollten morgen wieder kommen, um sicher zu gehen, dass die gelieferten Päckchen auch ausgepackt (und also auf Vollständigkeit überprüft) würden und wir dann endlich einen definitiven Termin festlegen könnten. Nun gut, diese ganze Hin- und Herfahrerei zwischen unserem Ankerplatz auf der französischen Seite der Lagune – weil gratis – hin zum Rigger auf der niederländischen Seite haben wir uns dann selbst versüsst mit einem neuen Dinghy + Motor.
AB 9AL
Endlich kommen wir mit unserem Beiboot ins Gleiten und sparen auf diese Weise mit viel Spass Zeit und eine Menge Benzin. Unser altes Beiboot haben wir über das allmorgendliche Funknetz (0730 VHF 14) erfolgreich verkauft. Auch sehr empfehlenswert ist der grosse Yachtflohmarkt. Wir konnten dort einiges verkaufen und haben uns so einen netten Zustupf für die Bordkasse verdient. Endlich hatten wir auch Zeit für ein paar Verschönerungsarbeiten oder nennen wir es Unterhalt statt Reparatur. Wir haben unseren Cockpittisch abgeschliffen, x-mal lackiert und endlich auch stabil befestigt. Der Niedergang hat die gleiche Prozedur erfahren, nur befestigen war da nicht nötig. Wir haben auch endlich fliessendes Wasser im Bad! Ein grosser Komfortgewinn. Und da wir so clever waren, den Tank, in den der Wassermacher das Süsswasser pumpt, höher zu installieren als das Waschbecken, fliesst das Wasser auch ganz ohne Pumpe ins Bad. Weiter wäre da noch die Installation von Kurzwellenfunkgerät mitsamt Modem, so dass wir nun auch E-Mails über Funk empfangen und Wetterdaten unterwegs abfragen können. (* Die entsprechende Adresse geben wir nur auf Anfrage heraus. Falls Ihr sie braucht, lasst es uns wissen.) Neue Mittelwanten haben wir installiert und und und... Und natürlich wurden wir ermahnt, auch wirklich alles hier einzukaufen, was wir im nächsten Jahr brauchen könnten, denn es gibt weiter westlich ausser in Panama keine Einkaufsmöglichkeiten mehr. Erst wieder in Papeete, so sagt man.
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Fast hätt’ ich’s vergessen: langweilig wurde es uns an unserem Ankerplatz nie! Wir haben uns gleich gegenüber der französischen Brücke auf einem Sandfleckchen niedergelassen, weil dort der Anker besser hält als im Schlamm. Es war dort kaum viel tiefer als ein bis anderhalb Meter, was uns mit unserer OVNI ja nicht stört. Doch für die meisten Monohulls ist das zu flach. Und die meisten Nicht-Franzosen wissen auch nicht, was eine OVNI ist. Eines Tages, als wir vom Baden zurückkamen, sahen wir, wie eine Yacht versucht, um unsere Seluna zu kreisen. Schlechte Idee! Sie lief sehr schwungvoll auf und das gleich neben uns. Wir hatten alle Hände voll zu tun, sie ohne Schäden bei uns und ihr wieder frei zu bekommen. Leo meinte daraufhin zu Freunden, es laufe jeden zweiten Tag neben uns eine Yacht auf Grund auf. Ich protestierte, denn ich fand das doch sehr übertrieben. Also zählten wir von dann an und siehe da, Leo sollte Recht behalten. Einige Male in den fünf Wochen halfen wir mit unserem Dinghy Yachten wieder ins Fahrwasser zurück. Also merkt Euch: Nicht jede Yacht, die so gross ist wie Eure, hat auch so viel Tiefgang!
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Nein, so furchtbar sich meine ganze Beschreibung von St. Martin auch liest, es war nicht nur schlecht. Ich muss ja in diesem Log nur irgendwie den Kontrast zu den wunderschönen Inselträumen schaffen, die noch kommen! Wir werden trotz allem auch viele gute Erinnerungen an St. Martin / Sint Maarten mit auf unsere weitere Reise nehmen. Hier haben wir viele alte Freunde wieder getroffen, sei es Wild at Heart, Time after Time oder auch Aparima, welche wir auf Lanzarote kennengelernt hatten. Wir haben ein paar vergnügliche Schweizerabende mit All-You-Can-Eat BBQ Spare Ribs genossen. Es war eine Freude, uns mit neuen und alten Freunden auszutauschen und Pläne zu schmieden. Und wir sehen, es gibt doch ein paar, die sich mit uns auf den Weg durch Panama in den fernen Pazifik machen werden. Was man eigentlich kaum glauben kann, wenn man in der morgendlichen Funkrunde mithört, wie sich jeden Tag wieder mindestens eine Yacht Richtung Azoren verabschiedet. Nein, das ist nichts für uns. Wir wollen weiter.
Letzte Änderung am 26 06 2010 durch Gesina und Leo. Feedback/Kontakt