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Logbuch der SY Seluna

August 2009

Grill, Leute, Palmen
Wir sind in den East Lemmons - ein beliebter Ankerplatz. Und so hat uns die Seglergemeinschaft wieder. Man teilt frisches Brot, geht auf ein Schwätzchen bei Freunden vorbei, grillt gemeinsam am Strand und trinkt abends einen Sundowner zusammen. Das ist eine nette Abwechslung nach drei Wochen Einsamkeit vor Salardup. Gemeinschaft bringt auch gemeinsame Erlebnisse.
Wie dieses: Gestern abend wollten wir kurz nach Sonnenuntergang unser Dessert geniessen. Leo hat aus dem Wenigen, das wir noch auf dem Schiff haben, ein Oh-Mochi gezaubert - eine japanische Süssspeise aus Reis und roten Bohnen. Kaum hatten wir den ersten Bissen im Mund, hörten wir über Funk, dass ein Segelschiff ganz in der Nähe aufs Riff gelaufen ist. Der Skipper hatte bereits zwei rote Raketen abgefeuert - es war also ernst. Die meisten Segler in unserer Bucht hatten entweder ihren Funk schon nicht mehr laufen oder hatten kein einsatzbereites Dinghy. Wir sahen nur ein Beiboot rausfahren und wir wollten gleich hinterher. Also hiess es tanken, Handfunk, Scheinwerfer, Dinghyanker und ein paar andere Dinge einpacken und los. Es war schon nicht leicht, überhaupt zu dem aufgelaufenen Schiff zu kommen. Kuna Yala ist voll von Riffen und die Orientierung nachts bei Wolken vor dem Mond doch recht schwierig. Wir suchten angestrengt das Wasser vor uns nach brechenden Wellen ab, konnten die Flachstellen aber nicht ausmachen. So fuhren wir einen grossen Bogen und kamen dann endlich den anderen zu Hilfe. Was für ein Bild: Der Eigner, ein Einhandsegler, stand hinter dem Schiff im Wasser und versuchte, mit blossen Händen die Schläge durch die Wellen abzufangen, damit sein Ruder nicht zu sehr beschädigt wird. Die eingetroffenen Retter haben unterdessen versucht, das Schiff mit dem Dinghy vom Riff zu ziehen. Zusätzlich haben wir seinen Anker weit achteraus in tieferes Wasser ausgebracht. Alles nicht so leicht, denn die Korallenblöcke waren teilweise nur um die 30 cm unter der Wasseroberfläche. Wir mussten aufpassen, damit unsere Aussenborder nicht beschädigt werden. Das alles noch bei schönem Segelwind und dementsprechend mittleren Wellen. Ich hatte schon Mühe, mich im Dinghy sitzend an der Reeling der Yacht festzuhalten... Mithilfe einer Winsch wurde dann das Boot am Heckanker nach hinten gezogen. Die Ratschläge und Ideen wurden dabei auf englisch, deutsch und spanisch hin und her geschrien - zum Glück verstehe ich alle drei. Auch ein Kuna kam in seinem Ulu angepaddelt um zu helfen. Er irritierte uns durch sein Lachen und Juchzen. Ich glaube, es war seine Art mit seiner Angst umzugehen. Niemand mag es, nachts auf einem Riff zu sein. Schon gar nicht im Wasser, wenn man nichts sieht.
Wolfgang von der Genesis, ein deutscher Segelfreund, hat alles koordiniert, weil der Skipper selbst nicht wirklich in der Lage dazu schien. Am Ende hat's funktioniert. Die Yacht kam Meter für Meter frei und schaukelte dann wieder vergnügt im tieferen Wasser. Eine Wohltat für die Ohren. Denn das Knirschen durch das Schlagen eines GFK-Rumpfs auf das Riff macht einem doch sehr bewusst, dass ein solches Schiff einer deratigen Belastung nicht lange standhält. Den Anker konnten wir nicht mehr aus dem Riff ausbrechen. Er wurde dann am nächsten Morgen geborgen. Solange hing das Boot an einem geborgten Anker. Wir hatten es also mit vereinten Kräften geschafft, das Schiff mehr oder weniger heil in die Bucht zu bringen. Danach gingen wir auf einen Schlummertrunk zu Wolfgang rüber, erzählten seiner Beate die ganze Geschichte und bauten so unser Adrenalin ab. Also, lieber Kinderlein, probiert das nicht zu Hause! Zwischen Riffen, nachts, ohne Kartenmaterial, ohne funktionierendes Funkgerät unterwegs zu sein, ist gefährlich. So gesehen sind die Yacht-Unfallstatistiken gar nicht so schlimm. Von den drei Yachten, die in den letzten drei Monaten in Kuna Yala aufgelaufen sind, waren alle drei nachts unterwegs, der Skipper meist allein oder einziger Segler an Bord und übermüdet. Eine der drei Yachten ist gesunken, aber wenigstens gab es keine Verletzten.
Knoff-Hoff-Grüsse aus Kuna Yala!
Letzte Änderung am 18 09 2010 durch Gesina und Leo. Feedback/Kontakt