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Logbuch der SY Seluna

September 2009: Panama von einer anderen Seite

3-Monats-Einkauf
Tatsächlich! Die drei Monate in Kuna Yala waren schneller vorbei, als wir dachten. Und nach eben diesen drei Monaten läuft unser Cruising Permit aus. Aber wir haben grosses Glück in dem Bürokratie-Roulette. Alle paar Monate wechselt in Panama das Gesetz, wie lange eine solche Segelerlaubnis Gültigkeit hat und für welchen Preis. Dieses Mal läuft's gut für uns: Wir dürfen gleich ein ganzes Jahr lösen und günstig ist's noch dazu. Mit dem neuen Permiso in der Tasche wollen wir auch genau das: Segeln! Wir machen uns auf nach Portobelo und ja, trauen uns damit das erste Mal aus Kuna Yala. Schon die Luft ist anders: feucht und voller Töne. Brüllaffen schreien morgens und abends. Dazwischen zwitschern im Hellen die Vögel und im Dunkeln ist man lieber drinnen und nimmt das Dinghy hoch... Wir sind nah an Colon. Die Fenster der Häuser sind vergittert, die Polizei überall präsent und schwer bewaffnet und man bekommt Ratschläge, wo man noch zu Fuss unterwegs sein darf als Gringo. Gleichzeitig treffen wir jedoch überall auf freundliche und hilfsbereite Menschen.
Wir stürzen uns ins Abenteuer Einkaufen in Quatro Alto, einem Vorort von Colon. Als Busse werden hier die wohl ausrangierten amerikanischen Schulbusse verwendet. Sie sind meist wunderschön angemalt mit knalligen Motiven. Und genauso farbenfroh präsentiert sich die ganze Stunde Weg bis nach Quatro Alto, die ich als Frau auch schon sehr bald von einem Sitzplatz aus geniessen kann.. Farbige Häuser stehen mitten im üppigsten Grün. Neben grauen Kühen, schwarzen Pferden und weissen Vögeln gibt's bunte Plakate, die von einer schöneren Welt erzählen. Gestylte Bleichgesichter sitzen auf einer wunderschönen Segelyacht und ermuntern lächelnd die Passanten bei der und der Boutique einzukaufen. Daneben stehen heruntergekommene Betonblöcke, die uns sofort wieder in die Realität zurückholen. Wir sehen unzählige Ferreterias, Werkstätten, Autowaschstationen und einen Kiosk mit dem Namen "Ayuda del Dios". Angekommen im grossen Einkaufsviertel sind wir erst mal erstaunt, dass es gar nicht so gross ist. Wir irren von einem Bankomaten zum nächsten - ohne Erfolg. Wir fragen nach in den Banken, die an Hochsicherheitstrakte erinnern. Überall bewaffnetes Sicherheitspersonal, das uns einzeln durch die Metalldetektoren schleust. Nach über einer Stunde haben wir endlich Geld, den Heimlieferservice für den Grosseinkauf organisiert und eine neue Armbanduhr, die uns zeigt, dass schon über eine Stunde rum ist. Im Supermarkt Rey erliegen wir dem Kaufrausch. Unsere Seluna ist leer gegessen und wir wollen für weitere drei Monate ohne Lebensmittelladen auskommen. So ist ein gewisser Kaufrausch wohl verständlich. Aber bei einigen Produkten bremsen uns die Preise dann doch wieder. Ein Pfund Rindfleisch für zweieinhalb Dollar ist ein Schnäppchen, das Emmi-Fondue für 10 Dollar wohl eher nicht. Auf dem Heimweg stoppt uns eine Strassensperre. Die Polizei in kugelsicherer Weste und mit Sturmgewehr sucht nach Drogen. Sie glaubt unserem unschuldigen Blick. Aber ihre Nervosität ist nicht zu übersehen. Gestern wurden an gleicher Stelle drei Drogenkuriere erschossen.
Kaum kommen wir mit dem Lieferwagen zum Dinghysteg, laufen uns ein paar Jungs entgegen und helfen, all die Sachen in unser Beiboot zu verstauen. Wir müssen zwei Mal fahren und so bleiben mir ein paar Minuten mit den Kindern am Steg. Sie streiten sich darum, wer mich denn auf englisch nach meinem Namen fragen soll, bis ich lachend auf spanisch antworte. Und dann kennen die Fragen kein Ende mehr: Welches unseres Schiff ist? Natürlich das schönste. Wo wir herkommen? Wo das ist, die Schweiz? Wo ist Europa? Das sei in der Nähe von Afrika, meint einer der grösseren Jungs. Aha, dann ist's wohl ausserhalb von Panama. Und so endet ein anstrengender Tag zwischen PET-Flaschen, die mit Mehl und Couscous befüllt und Dosen, die verstaut werden wollen, Gemüse, das gewaschen werden will, und einem Vakuumiergerät, das heiss läuft. So ist es, das Seenomadenleben.
Und als es schon längst dunkel ist und wir endlich etwas zu essen im Bauch haben, da fragen wir uns, ob die Kuna-Indianer sich wohl bewusst sind, was für ein friedliches Paradies sie sich erschaffen haben. Und es hoffentlich auch halten können.
Letzte Änderung am 27 09 2010 durch Gesina und Leo. Feedback/Kontakt