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Logbuch der SY Seluna

Einkaufstour in Panama City

PanamaCityBild
Endlich konnten wir uns wieder richtig ausstrecken, unser Gepäck schnappen und den Einkaufsmarathon starten. Ja, wir waren zurück in Panama City und fühlten uns schon ein bisschen wie zu Hause. Schliesslich hatten wir schon vor unserer Costa-Rica-Reise die Einkaufsmöglichkeiten ausgekundschaftet und kannten auch schon die nette Pizzeria, in der wir abends essen gehen wollten. Und natürlich hatten wir noch auf der Seluna eine lange Einkaufsliste geschrieben. Schön brav haben wir ausgerechnet, was wir in drei bis vier Monaten so essen würden und hatten auch über einige Monate Ideen gesammelt, was wir für unser Schiff an Material brauchen würden. Die Sache hatte nur einen Haken: Die Liste lag noch immer auf dem Esstisch... Wir trotzten allem Jugendalzheimer und schrieben die Liste neu.
Costa Rica Bild
Schon in der Albrookmall beim Busterminal haben wir fleissig Hardware eingekauft und fuhren dann zu unserem Hotel. Wir hatten vor unserer Abreise ein nettes Zimmer ausgesucht und eben dieses für drei Nächte gebucht. Nur leider hatten wir die Zimmernummer vergessen und sie drehten uns ein anderes an, das im Vergleich zum gebuchten eher einem Loch glich. Am nächsten Morgen war zum Glück die nette Dame wieder da, die sich auch prompt an uns erinnerte, uns ein besseres Zimmer anbot und dann ihren Chef zusammenstauchte, dass er unsere Reservation nicht berücksichtigt hatte. Jenu, unser Zimmer war weg, aber die Alternative okay. Soll heissen: nicht so gar schimmlig und der Boden nur vor dem Badezimmer nass. Und der Fernseher funktionierte. Die Bilder von Regenfällen und Überschwemmungen, die da vor unseren Augen flimmerten, brauchten allerdings eine Weile, bis sie in unsern Gehirnen zu einer sinnvollen Information verarbeitet wurden. Und so gingen wir frohen Mutes am nächsten Morgen auf die Suche nach einem Taxi, das uns zum grossen Abernathy, einem Laden für Fischerei- und Marinezubehör, bringen sollte. Das war gar nicht so einfach. Die ersten paar Fahrer hatten keine Lust oder wussten nicht, wo der Laden ist. Erst nach einer Weile haben wir dann in einem Hotel jemanden gefunden, der uns erklären konnte, wo der Laden ist und der uns sogar ein Taxi organisierte, das uns dorthin bringt. Und so ging der Tag vorüber mit durchfragen, shoppen und neuen Ideen entwickeln, wie man etwas noch anders basteln könnte, wenn man das passende Teil nicht bekommt. Segleralltag. Irgendwann standen wir vollbeladen im strömenden Regen an der Transistmica und suchten mal wieder ein Taxi, diesmal zurück ins Hotel. Der Hunger kam und wir gingen mit ihm wieder in die nette Pizzeria. Zur Feier des Muttertages wurde ein spezielles Muttertagsmenü serviert, das ich prompt bestellte, obwohl ich trotz nicht allzu schlechter Spanischkenntnisse nicht wirklich wusste, was da auf mich zukommen würde. Lecker war's! Und viel zu viel. Aber so lecker! Ich war jedoch froh, als Leo beim Kuchen mithalf. So ein Stück allein hätte schon fast gereicht als Abendessen. Weniger erfreulich waren die Nachrichten, die erneut über den Bildschirm flimmerten: Die tagelangen heftigen Regenfälle in der ganzen Region Kolumbien, Panama und Costa Rica haben zu Überschwemmungen geführt. Von einigen Häusern waren nur noch die Dachgiebel zu sehen, ganze Dörfer waren unter Wasser, Menschen sind in den Fluten umgekommen, einige Gebiete waren von der Umwelt abgeschlossen. Martinelli, Panamas Präsident, rief den Notstand aus, der Panamakanal wurde das zweite Mal in seiner Geschichte für einen Tag geschlossen und wir begriffen noch immer nicht den Ernst der Lage.
Kunabild
Am nächsten Tag war die Lebensmittelliste dran. WIr gingen in den Pricemart, der eigentlich nur an Restaurants oder ähnliches verkaufte. Wir hatten uns eine Mitgliederkarte ausgeliehen und gerieten in Kaufrausch. Die Preise waren unglaublich und unsere beiden riesen Einkaufswagen auch bald unglaublich voll. An der Kasse meinte dann die Kassiererin, der Herr auf der Karte gleiche Leo schon nicht gerade besonders. Worauf wir beide sofort eine Antwort wussten: "mein Vater" und "ein Freund" ertönte es gleichzeitig. Nicht gerade überzeugend. Aber sie stellte keine weiteren Fragen. Danach ging's noch zum Supermarkt, wo wir tatsächlich fast alles fanden, was wir wollten. Das Taxi, ein Kombi, war danach so was von übervoll. Wir hatten Schachteln auf den Knien und Taschen unter den Füssen. Doch der Taxifahrer war weiterhin gut gelaunt und wir unterhielten uns prächtig mit ihm über den Weihnachtseinkaufsrausch der Kolumbianer und wie viel schöner doch Kuna Yala sei. Und natürlich über den Regen, der nicht aufhören wollte, obwohl es doch noch nie in der Trockenzeit ab Ende November so viel geregnet hatte.
Hotelzimmerbild
Das Hotelzimmer war voll. Vollgepackt mit 36 Litern Milch, 25 kg Mehl, 30 Tomatenbüchsen, 200 Beuteln Schwarztee, und Dingen wie Scharniere, Lötzinn, Schrumpfschlauch, Kakerlakenfallen, Klobürste und und und. Alles in allem über 300 kg Waren in 22 Bananenschachteln. Und da uns so langsam aufging, dass die Rückreise nass werden könnte, haben wir alles noch in Müllsäcke wasserdicht verpackt. Eine gute Idee! Über einen befreundeten Segler, der schon bald zu den Einheimischen in Kuna Yala gehört, wollten wir die Rückreise für den nächsten Tag organisieren. Nebenbei schauten wir etwas fern und sahen immer und immer wieder die gleichen Überschwemmungsbilder vorallem aus der Region Chepo. Wir studierten die Panamakarte und schlagartig wurde uns klar, dass das mit der Rückreise so einfach nicht werden würde. Unser Weg nach Kuna Yala führte über Chepo. Ein paar Stunden später war's dann sicher: Die einzige Strasse nach Kuna Yala, die nach Carti, war gesperrt. Da hockten wir also im Hotel auf all den Schachteln und mit Frischfleisch in der Kühlbox. Was nun? Wir blieben wohl oder übel mal weiter im Hotel und nutzten den "gewonnenen" Tag, um weitere Besorgungen auch für Segelfreunde zu machen. Es gab einen kleinen Abernathy ganz in der Nähe des Hotels. Vielleicht fünf Minuten zu Fuss. Aber wo genau? Wir durchlöcherten die Passanten ohne Ende, auch die Feuerwehr. Die wurde gar ziemlich sauer, als wir darauf beharrten, dass es hier einen Abernathy geben sollte. Dass die frechen Ausländer auch noch solche Dinge besser wissen wollten... Sie schickten uns zum Teufel. Also riefen wir befreundete Segler an, die uns den Standort genau erklärten. Der Laden war wirklich genau um die Ecke hundert Meter weiter. Trotzdem verkniffen wir es uns, die Feuerwehr darauf aufmerksam zu machen. Uns kamen Gerüchte zu Ohren, dass die Strasse nach Carti noch ein paar Wochen gesperrt bleiben würde. Dennoch wollten wir uns nicht sofort um einen Flug kümmern. Denn mit all dem Gepäck wäre das unbezahlbar gewesen. Und da wir Ende Jahr Freunde zu Besuch erwarten, konnten wir die Esswaren auch nicht irgendwo zwischenlagern. Plötzlich klingelte das Telefon und die frohe Nachricht: Am nächsten Morgen würde uns ein 4WD-Taxi abholen, die Strasse sei passierbar. Wir füllten das Taxi bis unters Dach und auf ging's in Richtung Chepo. Doch die Strassensperre dort wollte uns nicht durchlassen. Zu gefährlich, die Brücke sei überspült, die Strasse gesperrt. Wir warteten, verhandelten. Ohne Erfolg. Doch dann tauchten vier Offroader auf, die durchgewunken wurden. Eine Fahrerin meinte zu uns, sie würden Touristen evakuieren. Die Strasse war also befahrbar! Doch wir durften nicht durch und wir fuhren resigniert zurück richtung Panama City. Noch ein Stopp bei einer Polizeistation. Wie es unser Fahrer am Ende geschafft hat, wissen wir nicht. Aber er bekam eine Sonderbewilligung! Wieder umdrehen, neuer Versuch. Wir wurden durchgewunken und kamen zu einer Brücke, von der man nur noch das oberste Ende des Geländers sah. Mir wurde mulmig, doch mit all dem Gepäck hatten wir gute Bodenhaftung. Und dicht war das Offroad-Taxi auch. Die Strasse nach Carti war kaum noch wiederzuerkennen. Teile der Strasse waren unterspült oder weggerutscht. Ein Urwaldriese lag quer drüber, so dass wir mehr daran vorbeigerutscht als gefahren sind. Auf einer Anhöhe sahen wir nach Chepo hinunter und unser Fahrer deutete auf die braune Suppe und meinte traurig, dort sei sein Haus... Es wurde überspült, weil das Kraftwerk Wasser ablassen musste. Erst heute ist sicher, dass die Firma und der Staat für den entstandenen Schaden aufkommen würden. Die Schlüsselstelle der Fahrt war ein Sattel, auf dem die Strasse schon vorher nur aus Kies bestand. Auf beiden Seiten war sie abgerutscht. Was übrig blieb war nur etwa einen halben Meter breiter als unser Auto. Daneben ging's steil, richtig steil runter. Unser Fahrer drehte die Klimaanlage noch etwas kühler, damit er nicht einschlief. Wie vertrauenserweckend... Doch er brachte uns heil bis nach Carti zur nächsten Polizeisperre. Da standen wir also 200 Meter vor dem Meer und die gute Polizistin erklärte uns, die Strasse sei gesperrt, wir müssten zurück. Der Logik konnten wir nicht ganz folgen. Glücklicherweise hatte ich noch den alten Cruisingpermit eingepackt, der bewies, dass wir ein Schiff auf unseren Namen in Kuna Yala haben. Wir erklärten ihr, es sei unser Zuhause und wir hätten Lebensmittel dabei. Das half.
Hochwasserbild
Am Strand standen die schlotternden, vollig durchnässten Touristen, die voller Erleichterung den Fahrern, die sie abholten, um den Hals fielen. Sie erzählten von Durchfall, von einem Schiff, dass vor ihren Augen gesunken ist, von Hunger und Regen ohne Ende. Ihnen sei doch das Paradies versprochen worden, meinte eine zynisch. Weiter ging's mit dem Wassertaxi, natürlich im strömenden Regen, über steile Wellen zurück zu unserer Seluna. Für die Überfahrt lieh ich einer in ihrer traditionellen, völlig durchnässten Tracht frierenden Kunafrau meinen Faserpelz. So konnte ich doch irgendwie etwas Gutes tun an dem Tag, an dem wir so viel Elend sahen. Glücklich standen wir auf unserer Seluna. Alles war heil geblieben trotz häufiger Squalls mit bis zu 8 Beaufort Wind am Ankerplatz. Der Anker hat gehalten. Unser Anker. Wir hörten nach und nach Geschichten von abgetriebenen Booten, die von Riffen gezogen werden mussten. Eines ist vollgeladen mit Backpackern vor Chichime gesunken. Glücklicherweise kamen keine Menschen zu Schaden, aber alle hatten viel zu erzählen. Die nasse Luft hatte natürlich ihre Spuren hinterlassen und als erstes brachte ich mal all die schimmligen Sachen nach draussen und putzte mit viel Essig und Schimmelspray, um den Gestank aus dem Schiff zu bekommen. Ein paar Tage später ist das alles nur noch eine Erinnerung an ein erlebtes Abenteuer. Wir sind wieder im Paradies. Die Sonne scheint, wir haben zu Essen noch und nöcher, sogar Käse und Fleisch, wir sind zu Hause. Gestern haben wir Weihnachten gefeiert auf der kleinen unbewohnten Palmeninsel Yansaladup. Eine geschmückte Weihnachtspalme stand neben dem reichlich gedeckten Buffet und auf dem Feuer brutzelte unter anderem unsere frisch gefangene Makrele. Die Sonne zauberte ein wunderschönes Abendrot an den Himmel und ich ging ein paar Schritte am einsamen Sandstrand und fühlte nichts als Glück. In diesem Sinne: Frohe Festtage!
Letzte Änderung am 23 01 2011 durch Gesina und Leo. Feedback/Kontakt