Logo

Logbuch der SY Seluna

Gästelog Januar 2011: Fränzi und Martin

[Text: Fränzi und Martin, Bilder: Gesina und Leo. Bilder von Martin findet Ihr unter: Flickr]

26.12. - 29.12.

Newark International Airport.
Endlich landen wir, mein Hintern hat sich doch noch nicht vollständig versteinert. Es schneit und stürmt bei der Landung, von NYC sehen wir leider nichts. Die Zollformalitäten scheinen ewigs zu dauern, wir stehen eine gute Stunde an bis unsere 10 Fingerabdrücke eingescannt sind und unser Gesichtsabdruck elektronisch verewigt wird. "Welcome to America!" meint der Zöllner.
Die Stimmung im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist sonderbar. Soviele Reisende irren apathisch oder verärgert mit ihren Koffern ziellos im Flughafen umher. Die Abfluganzeigetafel weist lauter bunte Kreuze auf. Langsam geht mir ein Licht auf, der Flughafen ist wegen eines Schneesturmes gesperrt! Wir trotten Richtung Bahnhof, die Wartehalle ist völlig überfüllt, die Züge haben Verspätung. Wir schaffen es aber doch noch uns in den Zug zu quetschen und ich finde neben einer Big fat Mamma einen kleinen Platz. Diese ist fröhlich am Stricken und lässt sich durch diese Menschenmasse gar nicht aus der Ruhe bringen.
Pennstation: Wir steigen dutzende Treppen hoch und wieder runter bis wir zur U-Bahn gelangen. Ich wundere mich ein wenig, warum dieses System überhaupt nicht behindertengerecht gestaltet ist, wenn doch jede Firma verklagt wird, die nicht behindertengerecht eingerichtet ist. Auffallend sind auch die vielen Polizisten, die bestens gelaunt das menschliche Treiben beobachten.
Wir gelangen wieder an die Oberfläche und kämpfen gegen den eisigen Wind an. Zum ersten mal in meinem Leben reise ich mit einem Rollkoffer. Dieser lässt sich in diesem Schneegestöber nicht mehr ziehen. So drehe ich diese tolle Erfindung und ziehe ihn wie ein Schlitten auf dem Rücken. Taxis und Menschen sind weit und breit keine zu sehen. Die Schneeverwehungen sind bereits knietief. Wir finden die Wohnung von Martin's ehemaliger Mitbewohnerin. Franziska, die ehemalige Mitbewohnerin, führt uns in eine Wohnung von Freunden, die sich zurzeit im Urlaub befinden. Wir fallen ohne etwas zu essen ins Bett.
Blick aus dem Fenster: "Hoppla!". Die Stadt hat sich mit einer dicken Schneeschicht zugedeckt und schlafen gelegt. Draussen ist es mucksmäuschen still. Wir steigen aus der Wohnung und "waten" so ähnlich wie Flamingos durch den hüfttiefen Schnee. Ich bin so froh um meine Wanderschuhe. Ab und zu sieht man einen anderen "Fussgänger", manche fluchen, andere sind über die weisse Pracht erfreut.
Wir sind hungrig, alle Läden und Kaffees inklusive Starbucks sind jedoch geschlossen. Wir finden doch noch ein Delikatessengeschäft, dessen Besitzer gleich über dem Laden wohnt. Martin holt uns zwei Cappuccinos, ich besorge die Pfannkuchen. Da wir inzwischen von der anspruchsvollen Fortbewegungsmethode unterzuckert sind, werfen wir beide 3 Würfelzucker in den Kaffee. Voller Vorfreude stürzen wir uns auf das edle Getränk und beginnen zu husten. Die Süsse des Ahornsirups, den es zu den Pfannkuchen gibt, verblasst gleich mit dem ersten Schluck Kaffee. Sogar ein Honig getünktes türkisches Gebäck würde bei dieser Intensität glatt untergehen. Auch Martin schafft es nicht den Kaffee zu trinken, und der kann locker eine Schachtel Pralinen in einem Zug leeren. War wohl Flavour drin, der Verkäufer pumpt fünf bis sechs Ladungen Caramel Sirup in jeden Kaffee.
Völlig überzuckert kämpfen wir weiter durch die Geisterstadt. Ich schaue immer wieder zum Himmel hoch und suche die Aliens, die diese Apokalypse verursacht haben. Es windet stark und der Schnee bläst um die Hausecken. Nach einer Stunde sitzen wir bereits im nächsten Kaffee und bestellen diesmal vorsichtshalber Tee. Draussen fährt ein Mann mit seinen Skiern vorbei.
Es ist sehr schön zwischen diesen hohen Häusern zu waten und dabei keine Rücksicht auf Autos nehmen zu müssen. Nun drückt auch noch die Sonne durch und wir können nicht aufhören, Fotos von diesen fantastischen Stimmungen zu schiessen.
Wir freuen uns über die steigenden Temperaturen, bis an den U-Bahn-Schächten der langsam schmelzende Schnee in eine riesige Pflotschmasse mutiert und langsam aber stetig unser Schuhwerk durchdringt (zumindest Martins... Fränzi war natürlich clever und hat auch ihre dick gefetteten Schweizer Wanderschuhe eingepackt). Dank Macy's und all den Shopping Gelegenheiten decken wir uns mit dem Notwendigsten ein und verbringen die verbleibenden beiden Tage mehr oder weniger schlotternd in den unzähligen Attraktionen dieser einzigartigen Stadt. Wir träumen langsam aber sicher von den einsamen Palmeninseln, subtropischen Temperaturen und den skurrilen Unterwasserwelten...

30.12. - 17.1. Kuna Yala

Am 29. ist's dann soweit, der Flieger bringt uns bei bestem Flugwetter in den Süden, zwar mit etwas Verspätung, aber die Ankunft und Unterbringung im Hotel Marparaiso klappt problemlos. Schwieriger ist dann aber, dass wir nach 2 Stunden Schlaf bereits wieder geweckt werden... Das Taxi, welches uns an den Albrook Airport bringt, wartet bereits. Der Flug ist unerwarteterweise nicht überbucht, und wir können somit auch unsere 20 kg Übergewicht mitnehmen... zwar nicht gratis, aber die paar Dollars können wir problemlos verkraften, und all die vielen Mitbringsel schaffen's definitiv bis zu ihren Empfängern. Mit Sitzplatz direkt hinter der Pilotenkanzel fliegt uns die Propellermaschine problemlos nach El Porvenir, beim Anflug wird's uns kurz etwas mulmig zu mute, Augen zu und den Piloten einfach vertrauen... Wir landen, heftiges Bremsen, Drehen, die Motoren verstummen und schon stehen wir auf dem Flugplatz des kleinen Inselchens. Gesina und Leo sind nicht zu übersehen - es warten ja vielleicht sechs, sieben weitere Personen - was für ein Gegensatz zu New York. Nach der Registrierung bei den lokalen Behörden - die Provinz wird autonom von der lokalen Urbevölkerung verwaltet - bringen uns Gesina und Leo auf die Seluna, unser Zuhause für die nächsten annähernd 3 Wochen...(!!) Wir sind absolut tot, viel zu viel Hektik vor Weihnachten, Packen, der Flug nach New York und die dortigen Erlebnisse haben die letzte Kraft von uns gefordert. Gesina und Leo gehen letzte Besorgungen machen und fahren uns zu den East Lemons... während wir uns etwas verdienten Schlaf nachholen. Es geht los, mal nur mit dem Diesel durch mühsamen Wellengang... und Fränzi kotzt bereits nach 10 Minuten.
Inhalierbild
Wer uns jetzt fragt, was wir in den ersten Tagen erlebt haben - den müssen wir enttäuschen... wir haben sehr, sehr viel geschlafen, gedöst, Erkältungen behandelt und gegen erste Seekrankheiten und andere Gebrechen gekämpft. Wer hat die Reise schon wieder IV-Ausflug genannt...? Keine Ahnung, aber weit von der Realität ist das nicht weg... Jedenfalls gab's ja noch Silvester: Wir haben die Hängematten gespannt, waren auf einer kleinen Insel mit vielen Amerikanern, Deutschen und anderen Landsgenossen und natürlich mit einem Grill. Gesinas Tajine benötigte etwas mehr Zeit als die Grilladen der anderen Segler... uns war's gleich, denn als alle gegessen hatten, mussten wir nichts mehr abgeben und durften uns alleine daran erfreuen. ;-)
Inselbild
Ansonsten, was lief denn...? Wir tauchten, kochten, wuschen... die Zeit verging einfach so, und mit gegen 12 Stunden Schlafbedarf pro Tag ist das auch kein Wunder. Was will man mehr, kristallklares Wasser, einsame Palmeninseln... der Puls verlangsamt sich, die Nerven hören auf zu flattern, sämtliche vom Stress unterdrückten Wehwehchen melden sich zu Wort - aber es tut einfach gut! Wir verarbeiten die ersten selbstgefangenen Fische, interpretieren Tiptopf-Gerichte so gut als möglich - es seien nur die legendären Kokosmakrönli erwähnt, welche sich nach dem Backen in eine Art frittierte und karamellisierte Quallen veränderten - wie auch die verschiedensten Varianten von frisch gebackenem Brot.... und bald schon machen wir uns auf zu den Cayos Holandes, einem Kanal zwischen zwei Palmeninseln, ohne andere Boote, und mit einem sensationellem Korallenriff direkt am Heck... und, ganz wichtig, einem exzellentem Fischgebiet, mit Seros und irgendwelchen Makrelen. Was auch immer, es hat geschmeckt, und uns Material für die verschiedensten Fischgerichte geliefert. Die am nächsten Tag eintreffenden Amis stören zwar unsere Einsamkeit... aber die Riesenkrabben, welche wir von ihnen erhalten und am Strand grillieren, sind köstlich... umso mehr in Anbetracht der fantastischen Umgebung. Auch jetzt, der Puls ist ruhig, die Zeit fliesst langsam aber stetig, und wir sind bereits gegen 10 Tage auf dem Schiff als wir in den Cayos Coco Banderos eintreffen. Die sind mindestens so schön wie die Cayos Holandes...
ein Bild
aber was den Ort absolut genial macht, ist die Nähe zu Beat, Daniela und den Mabuhays... Insbesondere da Beat einen 1.38m Fisch (was es genau war, gab Anlass zu unzähligen Diskussionen... der Autor vermutet noch immer, dass es ein Wahoo war...) gefangen hat und sein Tiefkühler glücklicherweise nicht gross genug ist.
Sushi-bild
Nun, der Fisch wird geteilt, und ernährt uns in den nächsten drei Tagen in verschiedensten Formen. Unschlagbar das Sushi, welches Leo und Gesina uns zubereiten - echt sensationell!!!
Flusstour-Bild
Schliesslich geht's weiter, wir schöpfen langsam wieder Energie und sind für Abenteuer in der Form von Flusserkundungen und einsamen Inseln im Osten bereit. Wir fahren nach Nargana und von dort etwas weiter in eine einsame Mangrovenbucht. Bei der ersten Inspektionsrunde mit dem Dinghy erfahren wir, was uns die nächsten Stunden ununterbrochen beschäftigen wird... Kleinstmoskitos, durch kein Netz zu stoppen, und auch Antibrumm Forte scheint denen nichts auszumachen... Auch die von Leo sorgfältig installierten Moskitonetze sowie das DEET sind ihnen egal, denn sie fliegen einfach hindurch und stürzen sich auf sämtliche nackt vorliegende Haut... Der Schreibende schätzt sich glücklich, dass er die zusätzliche Wärme des Leintuchs in Kauf genommen hat, denn die arme Fränzi weist am nächsten Morgen vermutlich über 1000 Stiche auf... wir sind der Meinung, dass sie über Nacht gegen 1 g Gift getankt haben muss....
Spechtbild
Wir sind uns einig, die Flusserkundung wird trotz allem gemacht. Dick eingepackt und eingesprüht, wird diese zu einem eindrücklichen Erlebnis mit unzähligen Tierbegegnungen und beinahe unberührter Natur. Es hat sich gelohnt, einen unbekannten Fluss zu befahren... kein Verkehr, einfach Einsamkeit und bereits nach kurzer Zeit sind wir mitten im Regenwald - es bleibt eine schöne Erinnerung, welche die Horrornacht zumindest zum Teil wieder relativiert... Wir sind aber auch einstimmig der Meinung, dass es mit der Festlanderfahrung reicht, und wir nun wieder die moskitofreieren Inseln anpeilen.
Unterwasserbild
Wir fahren zurück zu den Coco Banderos, die sind einfach so wunderschön, dass wir gar nicht mehr weiterfahren möchten... Wir geniessen die sensationell schönen Korallenriffe, grillieren auf den Inseln und verbringen viel Zeit mit einfach gar nichts... alles was wir uns wünschen, wir sind absolut entspannt in einer paradiesischen Umgebung, ohne Tatendrang, einfach in der Mitte von uns selbst... was will man mehr!
Flughafenbüro-bild
Die Tage vergehen viel zu schnell, unser Rückflug ab Corazon de Jesus gebucht - wir gönnen uns ein Abendessen und verlassen Kuna Yala mit einer noch viel kleineren Propellermaschine als bei der Anreise und zweistündiger Verspätung... und erhalten zum Abschied eine unglaublich schöne Perspektive der Inseln aus der Luft... Wahnsinn!!!
Letzte Änderung am 8 03 2011 durch Gesina und Leo. Feedback/Kontakt