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Logbuch der SY Seluna

Wem Begegnungen mit Hammerhaien nicht gruselig genug sind...

Unser Buschtelefon ist das Kurzwellenfunkgerät. Jeden Morgen gibt es hier einen organisierten Austausch über die wichtigen Dinge, die uns bewegen, also ob denn fünf Meilen weiter östlich auch die Sonne scheint, ob es Tomaten in Nargana gibt und wer gerade Geburtstag hat. Wir haben das Tag für Tag (naja, nicht ganz jeden Tag...) und Monat für Monat tapfer mitangehört und uns nur gemeldet, wenn es sich nicht vermeiden liess - um das Funknetz nicht unnötig in die Länge zu ziehen, versteht sich.

Eines Tages fing auf dieser Frequenz der Krimi an. Don, der Skipper auf Windancer, wurde gesucht. Er hatte sich jeden Morgen gemeldet und man erkannte ihn sofort am Geräusch seines Funkgeräts. Es war kaum ein Wort zu verstehen, aber das Geknackse war problemlos zuzuordnen. Doch dann wurde es still. Er meldete sich nicht mehr und sein Schiff wurde nirgendwo gesichtet. Er war allein auf dem Schiff und fuhr häufiger Backpacker von Cartagena, Kolumbien, nach Portobello, Panama, oder in die umgekehrte Richtung. Als er nach vielen Tagen noch immer nicht auftauchte, fing die Gerüchteküche an zu brodeln. Wir haben mit dem Aufschreiben der Geschichte eine Weile gewartet, um von verschiedenen Leuten ihre Version zu hören, bis das Gesamtbild für uns klarer wurde. Hier also der Krimi, wie wir denken, wie es gewesen war:

Javier Martin segelte ein Backpacker-Schiff von Cartagena nach Portobello und zurück. Und wieder hin und wieder zurück. Er kannte die Strecke gut und lief zum x-ten Mal in die kleine Bucht in Chichime ein. Es war Dezember und - Ihr erinnert Euch - das Wetter war nicht gerade wie im Bilderbuch. Es soll zudem schon dunkel gewesen sein. Jedenfalls lief Javier mit seinem Schiff auf's Riff. Die Backpacker und Javier konnten sich an Land retten, das Schiff sank. Wir hörten von diesem Unfall das erste Mal, als wir auf unserer abenteuerlichen Rückreise von Costa Rica waren. An der Grenze zu Kuna Yala sprachen wir mit Touristen, die auf ihre Evakuierung warteten. Sie waren in Chichime gewesen und hatten mit eigenen Augen gesehen, wie das Boot in der Einfahrt gesunken ist.

So kam es, dass Javier sich auf anderen Backpacker-Schiffen vorstellte. Er suchte einen Job. Vielleicht sollte man ehrlicherweise sagen, er suchte nicht so sehr einen Job wie ein Schiff... Auf der Windancer wurde er fündig. Don heuerte ihn an. Sie fuhren los und niemals wieder sollte man von Don hören.

Es verging einige Zeit, da tauchte ein Schiff namens "Green Twilight" in den East Lemmons auf. Unser Freund Stefan ankerte in der Nähe und berichtete, es sei verlassen und schlecht festgemacht. Unterdessen waren nebst dem FBI auch einige Segler als Hobby-Detektive am Werk. Und tatsächlich fanden sie das Unfassbare heraus: Das verlassene Schiff war in Tat und Wahrheit die Windancer. Der neue Name war nur notdürftig über den alten geschrieben und ansonsten war es unverwechselbar die Windancer. Keine Spur von Don, keine von Javier.

Szenenwechsel: In Linton, zwischen Kuna Yala und Colon, kam es an Bord des grossen Katamarans "Levante", ebenfalls ein Backpacker-Schiff, zu einem Streit. Als irgendwer nachsah, war der Bordtresor leer, vom französischen Skipper fehlte jede Spur.

Etwas später wurde seine Leiche entdeckt: Er war mit einer Ankerkette um den Hals in der Bucht von Linton versenkt worden. Der Mörder? Javier Martin. Er wurde festgenommen und sitzt im Gefängnis von Panama City, wo ihm weder das Schiff noch das Geld etwas nützen dürften. Don wurde nicht gefunden. Seine Freunde und Familienangehörige nahmen Abschied von ihm.

Epilog: Don hatte hier unter den Seglern einige Freunde. Ein paar davon waren etwas übereifrig, was unser Freund Stefan zu spüren bekam. Als er Besuch von einem Freund hatte, der zufälligerweise ein baugleiches Dinghy wie Don hatte, wurde Stefan beschuldigt, Dons Dinghy gestohlen zu haben. Der amerikanische Hobby-Detektiv verbreitete seine Anschuldigungen gar auf dem Funk, so dass jeder mithören konnte. Erst als sich Stefan heftig zu Wehr setzte und ihm damit drohte, wenn's denn sein müsse, ihm nebst FBI und CIA auch noch Angela Merkel auf den Hals zu hetzen, wurde er ruhig. Stefans Geschichte findet Ihr unter: Sawadi.info Fritz, ein weiterer Backpacker-Skipper, feiert nun an dem Tag, an dem er Javier nicht anheuerte, ein zweites Mal Geburtstag, so sagt man.

Letzte Änderung am 19 05 2011 durch Gesina und Leo. Feedback/Kontakt