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Logbuch der SY Seluna

Kling Glöckchen klingelingeling

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Stille Nacht, heilige Nacht? Nein, zumindest sicher nicht still. Jedenfalls nicht in Guna Yala, vermutlich auch nicht in ganz Mittelamerika. Vielleicht liegt es daran, dass sie hier keinen Winter kennen. Es gibt keine Jahreszeit, in der man sich drinnen vor das Kaminfeuer kuschelt und Nüsse knackt. So jedenfalls erkläre ich mir das Weihnachtsfest hier. Wir waren gestern eingeladen zu einem Weihnachtsessen auf der festlich geschmückten Isla Elefante. Sogar ein richtiger Weihnachtsbaum zierte die Bar. Ein reichhaltiges Buffet wurde aufgetragen mit gegrilltem Schwein, Kartoffelsalat mit oder ohne Randen, mit Pulpo, Meeresfrüchtesalat und gar einem Truthahn. Dazu Wein und danach Rum. Lecker waren diese Menüs, wenn auch völlig untypisch für Guna Yala. Es ging uns gut. Doch die Dauerbeschallung mit karibischer Salsamusik, nur textlich dem Festtag angepasst, war etwas gewöhnungsbedürftig für uns Ruhe Liebenden. Ausgelassen tanzen an Weihnachten? Auch nicht gerade besinnlich war das Feuerwerk. Aber vielleicht sind wir ja die Verqueren. Denn auf dem Funk hört man diese Tage immer wieder Worte wie tolle Party, Hangover, zu viel Rum... Wäre ich nicht selbst einer von ihnen, hätte ich gesagt: Vielleicht gibt's einfach zu viele Atheisten?

Eigentlich sind wir Optimisten und versuchen, die guten Seiten an einer Veränderung zu sehen. Doch es fällt uns im Moment nicht leicht. Als wir vor gut einem Jahr hier in Guna Yala angekommen sind, haben wir erst lernen müssen, dass man hier problemlos das Schiff offen lassen kann, auch wenn man nicht an Bord ist. Man brauchte nichts wegzuräumen, auch das Dinghy musste man nicht anschliessen - es kam ganz einfach nichts weg. Heute würden wir keinem mehr empfehlen, sich so sorglos hier zu bewegen. Dabei ist doch nur ein Jahr vergangen! Ein einziges Jahr. Was ist passiert? Immer wieder hört man von kleineren Diebstählen - bestimmt waren es nicht immer die Indianer, aber was ändert das? Und dann dies: Vorgestern abend wurde in Nargana eine Yacht überfallen und ausgeraubt. Eine Familie (!) kam in einem Boot angepaddelt. Bewaffnet mit Macheten stürmten sie das französische Schiff. Wir sind bestürzt und verunsichert.

Nur zu nahe liegt der Schluss, dass die westliche Kultur vorallem unnötige Bedürfnisse weckt. Die Gewalt im hiesigen Fernsehen ist alarmierend. Selbst in den Familiensoaps sind Waffen gang und gäbe. Und ja, sex sells und Geld regiert die Welt. Je lauter und unruhiger die Weihnachtszeit, desto mehr Partylaune, desto mehr Ausgang, desto mehr klingeln die unzähligen Kassen statt dem einen kleinen Glöckchen.

Wir machen da nicht mit. Wir zünden eine Kerze an, packen unser eines kleines Geschenk aus, knacken ein paar Nüsse und versuchen, in unserer kleinen Welt andere Werte zu betonen. In diesem Sinne: Frohe und besinnliche Weihnachten!

Letzte Änderung am 29 12 2011 durch Gesina und Leo. Feedback/Kontakt