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Logbuch der SY Seluna

Auf der schiefen Bahn

Ein Schiff gehört definitiv ins Wasser. Wenn es am Trocknen steht, sieht das irgendwie traurig aus. Aber nicht nur das: es riecht auch förmlich nach Arbeit. Und da wir beide nicht gerade im Geld schwimmen, ist es folglich unsere Arbeit... Nach drei Jahren im Wasser war es für unsere Seluna höchste Zeit für einen neuen Unterwasseranstrich. Und so haben wir einen Termin im Balboa Yacht Club vereinbart. Hier gibt es zwei Wagen auf Schienen, auf denen Schiffe bei Hochwasser aufs Land gezogen werden. Eine spannende Sache, sich das mal anzusehen. Und noch viel schneller klopft das Herz, wenn's das eigene Schiff ist... Aber am Ende war nicht nur unser Portemonnaie begeistert von dieser Entscheidung:
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Es hat einfach alles gepasst. Tito und seine Angestellten wussten wirklich, was sie taten. Das Einparken auf dem Wagen war wegen der Strömung am Eingang des Panamakanals doch recht schwierig. Aber einmal drin, ging alles andere reibungslos. Wir fuhren aufs Land - ein ziemlich komisches Gefühl-, und einer der Helfer rief: "You've got a lot of barnacles!" Als wir die Leiter hinunter stiegen, sahen wir die Bescherung und trauten unseren Augen kaum! Wie konnten wir mit all diesen Seepocken überhaupt noch vorwärts fahren?
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Und so fing das Arbeitslager Balboa Yacht Club also mit spachteln an. Kiloweise Muscheln erst am Rumpf, dann unter dem Rumpf und an den Beinen und in den Haaren und in den Sandalen und dann? Dann kamen die Fliegen... Zu tausenden. Wir spülten, schrubbten, hochdruckreinigten und kratzten und endlich: klebten ab. Leo kümmerte sich dann um das Primern, Malen und die Anoden, während ich die Küche lackierte und Wäsche wusch, was das Zeug hielt. 12 Maschinen in drei Tagen. Zum ersten Mal seit, hm, seit Spanien hatten wir Zugang zu einer Waschmaschine. Das ist schon drei Jahre her! Also hab ich alles gewaschen, was ich gefunden habe. Und was da so aus der Maschine wieder rauskam, strahlte vor Freude dermassen, dass wir es kaum wiedererkannten.
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Die ganze Malerarbeit hingegen machte nicht ganz so viel Spass. Es sei denn, man mag das Gefühl, wenn die Schleimhäute rebellieren und die Lunge meint, man solle doch mal woanders atmen. Vielleicht ist fahrtensegeln gar nicht so gesund, wie sie alle sagen. Immerhin haben wir uns diesmal eine Maske mit Kohlefilter geleistet, was zwar bescheuert aussieht, aber ganz verblüffend hilft.
Die Arbeiter im Balboa Yacht Club waren allen Unkenrufen zum Trotz allesamt sehr nett zu uns und es wurde auch nichts vom Schiff gestohlen. Tito versorgte uns sogar mit dem typischen panamesischen Mittagessen. Für drei Dollar gab's Bohnen, Reis, Nudeln (ja, Reis UND Nudeln), Kochbanane und Hühnchen. Mehr als genug und sehr lecker. Das Essen gab's leider nur wochentags. Dafür wurde am Wochenende für Unterhaltung gesorgt:
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Direkt unter der Brücke des Balboa Yacht Club startete das Cayuco-Wettpaddeln. Einmal nach Playita und wieder zurück ging die Strecke. Und da die Ziellinie exakt hinter unserem Heck war, hatten wir oben auf unserer Badeplattform die perfekte Aussicht auf dieses Spektakel mit Live-Musik und Reportern, vielen Zuschauern, einer Kenterung und strahlenden Siegern und Siegerinnen.
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Da Seluna auf die schiefe Bahn geraten war, übernachteten wir lieber in einem nahegelegenen Hostal mit horizontalen Betten. Auch roch es dort bedeutend besser. Um fünf Uhr früh klingelte der Wecker uns wach, kurz darauf wir den Nachtportier, damit er uns in die Küche liess. Am dritten Tag entdeckten wir ein Schild im Aufenthaltsraum, dass das Frühstück inklusive sei - ab sieben Uhr... Auch mussten sich die Angestellten erst an den Anblick von uns zwei gewöhnen, wenn wir abends nach Sonnenuntergang zurückkamen, durchgeschwitzt, müde, dreckig und voll Lack und Farbe. Nicht gerade typische Touristen. Es reichte abends gerade noch für duschen und essen und dann nichts wie ins Bett. Apropos Bett: Irgendwann diese Tage entdeckten wir so ganz nebenbei, dass das Bettgestell noch die guten alten Sprungfedern hatte, die so lustig rausspicken... Am letzten Tag gönnten wir uns zwei Stunden Extraschlaf und das feine Zmorge. Wie amüsierten sich die Angestellten, als wir uns selbst bedienen wollten. Dann, mit Sack und Pack, ging's zurück zur Seluna. Wir nutzten die Zeit bis zum Hochwasser, um unter dem schwarzen Dreck nach dem Deck zu suchen. Und dann, endlich, war's so weit: Seluna durfte wieder ins Wasser. Und wie sie sich freute! Ein bisschen Vorwärtsgas und schon rauschte sie mit ungeahnter Geschwindigkeit zurück nach La Playita. Schiffe gehören eben doch ins Wasser.
Letzte Änderung am 21 02 2013 durch Gesina und Leo. Feedback/Kontakt